Dies ist die Danksagung der Haudenosaunee, wie ich sie aus dem Buch „Geflochtenes Süßgras“ von Robin Wall Kimmerer übernommen und leicht abgeändert habe.
Danksagung
Dank und Liebe sind die großen Mächte der Welt.
Friedrich von Bodelschwingh
Heute haben wir uns versammelt, und wenn wir in der Runde in die Gesichter blicken, sehen wir, dass die Lebenskreise weitergehen. Uns wurde die Pflicht gegeben, im Einklang miteinander und mit allen Lebewesen zu leben. Lasst uns nun unsere Gedanken und Herzen zusammenbringen, wenn wir einander als ein Volk Gruß und Dank entrichten.
Unsere Gedanken, unsere Herzen sind nun vereint.
Wir sind unserer Mutter, der Erde, dankbar, denn sie gibt uns alles, was wir zum Leben brauchen. Sie trägt unsere Füße, wenn wir auf ihr gehen. Wir freuen uns, dass sie weiter für uns sorgt, so wie sie es vom Anbeginn der Zeit getan hat. Unserer Mutter entrichten wir Dank, Liebe und Respekt.
Unsere Gedanken, unsere Herzen sind nun vereint.
Wir danken allen Wassern der Erde, dass sie unseren Durst stillen, dass sie Kraft und Nahrung für alle Lebewesen bieten. Wir kennen ihre Kraft in vielerlei Formen – Wasserfälle und Regen, Nebel und Flüsse, Bäche und Meere, Schnee und Eis. Wir sind dankbar, dass die Wasser immer noch hier sind und ihre Verantwortung für die übrige Schöpfung wahrnehmen. Seien wir uns einig, dass Wasser lebenswichtig ist und vereinen wir unsere Herzen und Sinne und entrichten Gruß und Dank an das Wasser.
Unsere Gedanken, unsere Herzen sind nun vereint.
Wir wenden unsere Gedanken allen Fischen im Wasser zu. Ihre Aufgabe ist es, das Wasser zu säubern und zu reinigen. Auch geben sie sich uns als Nahrung. Wir sind dankbar, dass sie ihre Pflicht weiter erfüllen, und wir entrichten den Fischen Gruß und Dank.
Unsere Gedanken, unsere Herzen sind nun vereint.
Wir wenden uns dem weiten Feld des Pflanzenlebens zu. Soweit das Auge reicht, wachsen die Pflanzen und bewirken viele Wunder. Sie erhalten viele Lebensformen. Wir vereinen unsere Gedanken und Herzen und sagen Dank und freuen uns, dass das Pflanzenleben noch viele Generationen überdauern wird.
Unsere Gedanken, unsere Herzen sind nun vereint.
Wenn wir uns umsehen, finden wir immer noch Beeren, die uns köstliche Nahrung bieten, Die Anführerin der Beeren ist die Erdbeere, die im Frühling als erste reift. Seien wir uns einig im Dank dafür, dass die Beeren bei uns in der Welt sind, und entrichten wir Dank, Liebe und Respekt an die Beeren.
Unsere Gedanken, unsere Herzen sind nun vereint.
Einmütig ehren und danken wir allen essbaren Pflanzen, die wir aus dem Garten ernten, besonders den drei Schwestern, die die Menschen mit solchem Überfluss ernähren. Seit Anbeginn der Zeit helfen Getreide, Bohnen und Obst den Menschen zu überleben. Viele andere Lebewesen stärken sich auch an ihnen. In Gedanken und Herzen vereinen wir alle Essenspflanzen und entrichten ihnen Gruß und Dank.
Unsere Gedanken, unsere Herzen sind nun vereint.
Nun wenden wir uns den Heilkräutern der Welt zu. Von Anbeginn war es ihre Aufgabe, Krankheit zu lindern. Treu stehen sie bereit, um uns zu heilen. Wir sind glücklich, dass wir immer noch Menschen unter uns haben, die wissen, wie man die Pflanzen als Medizin verwendet. Einmütig entrichten wir Dank, Liebe und Respekt an die Heilkräuter und an die Hüter der Medizin.
Unsere Gedanken, unsere Herzen sind nun vereint.
Wir sind überall umgeben von Bäumen. Die Erde hat viele Baumfamilien, jede mit ihrer eigenen Lehre und ihrem Nutzen. Die einen geben Schutz und Schatten, die anderen Frucht und Schönheit und viele nützliche Gaben. Viele Völker erkennen in einem Baum ein Symbol für Frieden und Kraft. Einmütig entrichten wir dem Baumleben Gruß und Dank.
Unsere Gedanken, unsere Herzen sind nun vereint.
Wir danken den Pilzen, den geheimnisvollen Geschöpfen des Erdreichs. Überall sorgen sie für Verbindung und Austausch zwischen den Lebewesen und bilden das Netz der Gemeinschaft. Auch dienen sie uns als Nahrung und Medizin. Seien wir uns einig im Dank dafür, dass die Pilze weiter ihre Verantwortung übernehmen und entrichten wir Gruß und Dank an alle Pilze.
Unsere Gedanken, unsere Herzen sind nun vereint.
Wir vereinen unsere Gedanken und Herzen und entrichten Gruß und Dank an all die schönen Tiere der Welt, die mit uns umherlaufen. Sie können uns Menschen viele Dinge lehren. Wir sind dankbar, dass sie mit uns ihre Leben weiterhin teilen und hoffen, dass das immer so bleiben wird. Vereinen wir unsere Gedanken, unsere Herzen und entrichten den Tieren unseren Dank.
Unsere Gedanken, unsere Herzen sind nun vereint.
Wir vereinen unsere Gedanken und Herzen und danken allen Vögeln, die über unsere Köpfe fliegen. Die Schöpfung hat ihnen die Gabe des schönen Gesangs geschenkt. Jeden Morgen begrüßen sie den Tag und erinnern uns mit ihrem Gesang, das Leben zu genießen und zu schätzen. Der Adler wurde zu ihrem Anführer gewählt, der über die Welt wacht. Allen Vögeln, vom kleinsten bis zum größten, entrichten wir fröhlichen Gruß und Dank.
Unsere Gedanken, unsere Herzen sind nun vereint.
Wir sind alle dankbar für die Mächte der vier Winde. Wir hören ihre Stimmen in der bewegten Luft, wenn sie uns erfrischen und die Luft, die wir atmen, reinigen. Sie tragen bei zum Wechsel der Jahreszeiten. Aus ihren vier Richtungen bringen sie uns Botschaften und schenken uns Kraft. Einmütig entrichten wir den vier Winden Gruß und Dank.
Unsere Gedanken, unsere Herzen sind nun vereint.
Nun wenden wir uns nach Westen, wo unsere Ahnen leben. Durch Träume und Visionen bringen sie uns Ideen, die das Leben erneuern. Wir vereinen unsere Gedanken, unsere Herzen und entrichten Gruß und Dank an unsere Ahnen.
Unsere Gedanken, unsere Herzen sind nun vereint.
Und wir entrichten Gruß und Dank an die Sonne, unseren ältesten Bruder. Unfehlbar erhellt er jeden Tag den Himmel von Ost nach West und bringt das Licht des neuen Tages. Er ist Quell aller Feuer des Lebens. Einmütig entrichten wir Gruß und Dank an unseren Bruder, die Sonne.
Unsere Gedanken, unsere Herzen sind nun vereint.
Wir vereinen unsere Gedanken, unsere Herzen, und danken der Mondin, unsere ältesten Ahnin, die den Nachthimmel erhellt. Sie ist die Älteste unter allen Frauen der Welt, und sie herrscht über die Bewegung der Gezeiten im Meer. An ihrem wandelnden Antlitz messen wir die Zeit, und sie, die Mondin, wacht über die Ankunft der Kinder hier auf Erden. Vereinen wir unseren Dank an Großmutter Mondin, schichten wir eine Lage Dank auf die andere, und dann wirbeln wir diesen Haufen Dank hoch in den Nachthimmel, damit sie es weiß. Einmütig entrichten wir Gruß und Dank an unsere Urahnin, die Mondin.
Unsere Gedanken, unsere Herzen sind nun vereint.
Wir danken den Sternen, die wie Juwelen über den Himmel verteilt sind. Wir sehen, wie sie bei Nacht dem Mond helfen, die Finsternis zu erhellen, wie sie den Gärten Tau bringen und alles wachsen lassen. Bei unseren Reisen durch die Nacht geleiten sie uns nach Hause. Einmütig entrichten wir allen Sternen Gruß und Dank.
Unsere Gedanken, unsere Herzen sind nun vereint.
Wir vereinen unsere Gedanken, unsere Herzen, und entrichten Gruß und Dank an die aufgeklärten Lehrer, die uns über alle Zeiten hinweg unterstützten. Wenn wir vergessen, wie man im Einklang miteinander lebt, erinnern sie uns an den Auftrag, wie wir als Menschen leben sollen. Einmütig senden wir Gruß und Dank an diese umsorgenden Lehrer.
Unsere Gedanken, unsere Herzen sind nun vereint.
Nun wenden wir unsere Gedanken dem Leben zu, dem Großen Geist, und entrichten Gruß und Dank an alle Gaben seiner Schöpfung. Alles, was wir zum Leben brauchen, ist hier auf Mutter Erde. Für alle Liebe, die uns immer noch umgibt, vereinen wir unsere Gedanken und Herzen und entrichten unseren innigsten Gruß, unseren tiefsten Dank dem Leben.
Unsere Gedanken, unsere Herzen sind nun vereint.
Wir sind nun am Ende unserer Worte. Von allen Dingen, die wir benannt haben, wollen wir nichts außen vorlassen. Wenn wir etwas vergessen haben, überlassen wir es jedem Einzelnen, seinen eigenen Gruß und Dank zu entrichten.
Unsere Gedanken, unsere Herzen sind nun vereint.
Die Danksagung ist für mich zu einem zentralen Element meiner Haltung und Sicht auf die Welt geworden. So oft wie möglich denke ich an diese Worte und übe mich in der Dankbarkeit und Verbundenheit mit allem Leben. Für die Haudenosaunee sind dies „die Worte, die vor allen anderen kommen“, da sie immer zu Beginn von Versammlungen gesprochen werden. Sie erinnern daran, dass wir, wenn unsere Haltungen auch noch so verschieden sind, einig sein können im Dank für das, was uns an Fülle und Liebe umgibt. Da die Haudenosaunee ausdrücklich wünschen, dass diese Worte Verbreitung finden, und auch ich denke, dass so viele Menschen wie möglich Kenntnis von ihnen haben sollten, widme ich der Danksagung eine eigene Seite.